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03Jul/19
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Boom noch nicht in Sicht

Während in anderen europäischen Ländern das Online-Geschäft mit Lebensmitteln Fuß fast, bleibt der Durchbruch bei „E-Food“ in Deutschland noch aus. Das EHI hat in einer Studie die Top-15-Onlineshops aus 10 Ländern unter die Lupe genommen.

Der Online-Markt mit Lebensmitteln bleibt weiterhin in Bewegung. Amazon fresh ist in den deutschen Markt eingestiegen und deckt derzeit die Großstädte Berlin, München und Hamburg ab. Das Zittern der Konkurrenz war anfangs groß – die Revolution blieb jedoch bis heute aus. Anstatt die Investitionen in den Lebensmittel E-Commerce zu investieren, war bei einigen Anbietern genau das Gegenteil der Fall. Beispiel Lidl: Entgegen der Ankündigung, ab 2018 groß in den Lebensmittel E-Commerce einzusteigen, trat der Discounter den Rückzug an und nahm neben Drogeriewaren und Reinigungsmitteln auch die haltbaren Lebensmittel aus dem Online-Shop. Nur noch Wein und Spirituosen verblieben im Lebensmittelsortiment. Zusätzlich versuchte sich Lidl mit Kochboxen, stellte diesen Service aber auch im März 2019 wieder ein.

Kaufland hat seine E-Commerce Aktivitäten ebenfalls bis auf weiteres eingestellt. Aldi lässt sich mit dem Online-Einstieg bei Lebensmitteln weiter Zeit. Rewe zeigt zwar eine starke Präsenz im E-Commerce, eine weitere Ausdehnung der Aktivitäten in regionaler und lokaler Hinsicht ist jedoch aktuell nicht erkennbar. Der Fokus beim Kölner Konzern liegt momentan eher auf der Automatisierung und Prozessoptimierung mit dem Ziel, die Online-Bestellungen effektiver, schneller und kostengünstiger abzuwickeln. Dennoch gibt es Bewegung im Markt: Das niederländische Start-up Picnic startete 2018 eine Kooperation mit Edeka in Neuss bei Düsseldorf weitete seine Aktivitäten in diesem Jahr in weitere Regionen aus.

Eine Investition in die Zukunft

Kaum ein Anbieter verdient bisher Geld mit frischen Lebensmitteln im Internet. Das haben mehrere Händler bestätigt. Der Grund liegt vor allem bei den hohen Investitionskosten für eine eigene Lieferflotte, die Lagerhaltung und die Kosten für die Kommissionierung und Auslieferung der Ware. Zwar steigen die Umsätze von Jahr zu Jahr an, dennoch bleibt das Online-Geschäft bei vielen Händlern vorerst eine Investition in die Zukunft.

Wie bei anderen Warenbereichen im E-Commerce ist auch beim Online-Handel mit Lebensmitteln die letzte Meile sehr kostenintensiv. Andere Konzepte neben der Heimbelieferung wie die Abholung der Bestellung im Markt oder aus gekühlten Packstationen konnten sich bisher nicht durchsetzen. Bundesweit aufgestellte gekühlte Packstationen gibt es bislang noch nicht. Einige Händler testen Packstationen, die in unmittelbarer Nähe des stationären Geschäfts aufgestellt wurden.

Für stationäre Lebensmittelhändler, die bei den Verbrauchern im Einzugsgebiet bekannt sind, ist die Chance für eine Etablierung des Online-Geschäfts wesentlich höher als für neue, noch unbekannte Anbieter. Viele der Top-15-Online-Anbieter aus den 10 Ländern, die das EHI analysiert hat, sind auch mit stationären Geschäften am Markt tätig. In den USA, in Großbritannien und in Kanada unterhalten 12 der Top-15-Onlineshops auch stationäre Filialen. In der Schweiz sind es 10 von 15 Shops. Lediglich in Deutschland und Frankreich sind nur 5 der Onlinehändler auch mit stationären Märkten aktiv.

Herausforderung Frischwaren

Das Online-Geschäft mit frischen Lebensmitteln ist für viele Anbieter noch eine Herausforderung. Die Einhaltung der Kühlkette muss garantiert werden und je nach Bestellung müssen mehrere Kühlzonen in einem Paket abgedeckt werden, falls der Händler die Auslieferung nicht selbst vornimmt. Die Kühlung erfolgt mit Trockeneis und Kühlakkus. Aber auch vor der Auslieferung muss der Händler bereits gut planen und verderbliche Lebensmittel möglichst genau auf den Auslieferungstermin hinbestellen. Denn kurzfristige Preisreduzierungen, die stationären Lebensmittelmärkte kurz vor Ladenschluss vornehmen können, um Überbestände bei Frischwaren möglichst schnell abzuverkaufen, scheiden für Online-Händler aus. Einige Anbieter wie beispielsweise Picnic versuchen daher nahezu ohne eigene Lagerhaltung auszukommen. Ware, die bis 22 Uhr am Vorabend vom Kunden bestellt wird, wird am nächsten Morgen angeliefert und vom Händler am gleichen Tag zum Kunden gefahren.

Lebensmittel-Onlineshops müssen nicht zwangsläufig Frischwaren im Sortiment führen, um erfolgreich zu sein. Im Vergleich der untersuchten Länder geht es vor allem in Großbritannien frisch zu. Dort führen insgesamt 10 der 15 umsatzstärksten Onlineshops frische Lebensmittel im Sortiment, dicht gefolgt von den USA mit 9 Onlineshops. Am wenigsten Frischwaren findet man in Österreich, Kanada und Italien. Dort haben von den 15 umsatzstärksten Onlineshops nur 3 Anbieter frische Lebensmittel im Sortiment. Deutschland liegt mit 7 Onlineshops mit frischen Lebensmitteln im guten Mittelfeld.

In Deutschland kann derzeit noch von einer Testphase im Lebensmittel E-Commerce gesprochen werden. Auch wenn die Umsätze von Jahr zu Jahr steigen, bleibt der große Boom weiterhin aus. So bleibt abzuwarten, ob sich das Online-Geschäft mit Lebensmitteln in Deutschland durchsetzen und etablieren wird, wie das in Großbritannien und Frankreich bereits der Fall ist.

Sascha Berens

Sascha Berens
Projektleiter E-Commerce
EHI Retail Institute

 

23Apr/19
Digitale Aktivierung im Handel

Digitale Aktivierung im Handel

Wie Dienstleister im Handel den Status und die weitere Entwicklung der Digitalisierung im Handel beurteilen, verrät uns im Interview Dr. Klaus-Holger Kille, Geschäftsführer der BrandLogistics NET GmbH, die auf die Übermittlung von Werbedaten zu Werbeträgern am POS sowie in Onlineshops oder auf mobile Apps spezialisiert ist.

Dr. Klaus-Holger Kille, Geschäftsführer der BrandLogistics NET GmbH

UGW: Herr Dr. Kille, wo sehen Sie als Dienstleister, der per se ganz nah an den Händlern dran ist, aktuell die größten Herausforderungen in der Vermarktung für Lebensmittel im Handel?

Dr. Kille: Ganz offensichtlich geht die Einkaufsfrequenz im Handel nach unten; das ist für jeden stationären Flächenbetreiber ein Riesen-Thema. Als Händler muss ich also relevante Anlässe spielen oder neue kreieren und diese emotional in Szene setzen. Weiteres Stichwort: „to-go-Konsum“. Darauf sollte der LEH entsprechende Antworten geben und diesen Snack-Trend aufgreifen.

UGW: Und die Industrie?

Dr. Kille: Auch da ist die entscheidende Frage: wie komme ich als Anbieter in die emotionalen Platzierungsbereiche? Wie spiele ich eine anlassbezogene Präsenz am POS? Hier liegt meines Erachtens großes Potenzial, das Handel und Industrie gemeinsam heben können.

UGW: Blicken wir auf den Online-Handel, wie sehen sie die traditionellen Handelsunternehmen des LEH hier aufgestellt?

Dr. Kille: Die entscheidende Herausforderung für alle Player in diesem Segment ist doch die Rentabilität auf der berühmten „letzten Meile“. Hier hat Amazon mit seinem Prime-Modell klare Vorteile gegenüber anderen Lieferservices, da sie Plattformbestellungen nutzen, um Lebensmittel huckepack zu nehmen. Andere „Pure Player“ haben in der Tat Probleme, mit dem Onlinehandel vom LEH Sortiment Geld zu verdienen. Das A und O sind effiziente Anlieferprozesse.

UGW: Zurück auf die Fläche des LEH; in welchen Bereichen sehen Sie das größte Verbesserungspotenzial in der Zusammenarbeit von Industrie und Handel?

Dr. Kille: Jenseits aller Differenzen bei Konditionengesprächen sind es aus meiner Sicht Vermarktungskonzepte für den POS, die noch viel stärker als heute Hand in Hand entwickelt und umgesetzt werden sollten. Es muss – wie bereits erwähnt – um den Aufbau von stabiler Frequenz in den Outlets gehen, damit die Fläche sich rechnet. Hier können Industrie und Handel gemeinsam mit entsprechend spannenden Aktivierungskonzepten die Flächenperformance deutlich erhöhen.

UGW: Abschließend die Frage, welche Digitalisierungs-Themen für die Vermarktung im Handel am wichtigsten sind?

Dr. Kille: Ganz pragmatisch wäre das an erster Stelle flächendeckendes WLAN für Kunden im Handel. Hier baut sich der Handel oft schon die erste Hürde für viele andere Anwendungen selbst auf. Dazu kommen alle Möglichkeiten der digitalen Kommunikation unter dem Schlagwort „Digital Signage“; vom Bildschirm an der Bedientheke bis zum elektronischen Regaletikett, worüber relevante Botschaften gespielt werden können und sollten. Schließlich ist das kontaktlose Bezahlen ein absolutes Top-Thema, um den sogenannten „Pain Point“ in der Kassenschlange zu entschärfen.

Quelle: UGW Report 1/2019